Diese Geschichte habe ich letztes Jahr auf meinem anderen Blog veröffentlicht. Ich werde die nächsten Tage die drei Fortsetzungen posten, wer es nicht erwarten kann, darf gerne bei Frettattack vorbeischauen. Grundsätzlich ist es eine Zombiestory wie jede andere. Ein HIMYM auf Bekkanisch, wenn ihr so wollt.
Es war der 21.12.2012. Keiner von uns dachte, dass es tatsächlich passieren würde. Ich arbeitete damals in einem kleinen Hotel, nicht weit von unserer Wohnung in Wien entfernt und euer Papa war zu Hause am Zeichnen, wie üblich. Auf einmal gingen die Sirenen los und ich sah Polizeiautos am Hotel vorbei fahren. Einer der Wagen blieb stehen und der Polizist kam zu mir an die Rezeption: „Schalten Sie den Feueralarm ein und verriegeln Sie die Tür!“ Verwirrt starrte ich ihn an: „Warum?“ Er war verschwitzt und bleich und ich erinnere mich, dass ich kurz dachte „Jetzt ist es soweit, irgendwer macht doch Krieg.“ Der Polizist hämmerte auf die Theke vor mir: „Machen Sie es und lassen Sie niemanden ins Hotel, verdammt!“ Außer mir war kein Mitarbeiter im Hotel, also ging ich und verschloss hinter dem Polizisten die Tür und löste den Feueralarm aus. Bevor alle Gäste in die Lobby kamen, setzte ich mich an den Computer, um herauszufinden, was los wäre. Die Neugikeiten waren unglaublich: Zombiealarm. Ich trat zweifelnd vom PC zurück. Zombiealarm war etwas, mit dem wohl viele gespaßt aber keiner damit gerechnet hätte. Zombies. Nach allen Scherzen, die wir über die Zombiekalypse gemacht hatten, erschien mir das eher wie ein schlechter Internetscherz als eine Tatsache. Die ersten Gäste kamen und ich musste ihnen mit einem Lächeln sagen, dass die Polizei mich angewiesen hatte, so zu handeln und ich nicht wirklich wusste, was los war. Die Reaktionen waren von wütend bis verzweifelt gefächert und ich konnte nicht mehr tun, als weiter fassungslos das Internet nach Neuigkeiten zu durchforsten.
Was dazwischen geschah ist sehr veschwommen, aber ich erinnere mich noch an die erste vermoderte Hand, die an die Glastüren des Hotel klopfte. Spätestens in diesem Moment musste ich glauben, was ich zuvor gelesen hatte. Leere Augenhöhlen, die zum Fenster herein stierten, stinkendes Fleisch, dass durch die Gasse vor dem Hotel schlurfte. Die Gäste klammerten sich aneinander und erst, als eine Frau aus Großbritannien nach einem Telefon fragte, kam ich auf die Idee, euren Vater anzurufen. Ich stürzte hinter die Rezeption, um an mein Handy zu kommen und ich beobachtete aus dem Augenwinkel einige Gäste, die sich auf die Bar stürtzen, um noch einen letzten Drink zu nehmen. Ich ignorierte sie und rief den damaligen LAP an. Ich war froh, als er sich meldete:
„Schatz? Gottseidank rufst du an!“
„Ach du Scheiße, ich bin so froh, dass ich dich erreiche!“
„Ich auch! Die Leitung war schon die ganze Zeit wie tot.“
„Was ist bei dir los?“
„Nicht viel, die Vordertüre ist versperrt, die Hausbesorgerin hat große Möbel zusammengesammelt und wir haben den ersten Stock geräumt. Da unten ist alles dicht.“
„Dann geht es euch besser wie mir. Moment!“ Ich winkte ein paar Gäste zu mir und bat sie, die riesigen Couchen aus der Lobby vor die Türe zu tragen. An sowas hatte ich bisher nicht gedacht.
„Ich habe jetzt auch die Tür verbarikadiert. Bei uns ist es schrecklich, die wanken durch die Gasse und die Gäste drehen durch. Was sollen wir nur tun?“
„Ziel auf den Schädel.“
„Was?“
„Schatz, ziel auf den Schädel. Das kommt in jedem Film vor. Wenn du einen Zombieschädel zerstörst, dann ist er tot.“
„Aber… aber… Es kommt doch sicher die Armee und die Polizei!“
„Geliebtes Wesen, glaub mir, unsere Truppenstärke packt das in Wien nicht. Die schaffen vielleicht einen Teil, aber wenn die bei dir rein kommen, dann musst du auf den Schädel zielen…“
„Okay. Gut. Ich such mir eine Waffe… Der Tacker wirds wohl kaum bringen, oder?“
„Such dir einen Schläger.“
„Ja, ich werde die Gäste bewaffnen… Das ist alles so surreal.“
„Das ist es. Ich treffe dich, sobald es geht…“
„Ruf meine Eltern an“
„Ja, mach ich.“
„Ich liebe dich.“
„Ich dich auch, mein Schatz. Überlebe.“
„Werde ich.“
Damit legte ich auf und ging in den Keller, um Waffen zu finden. Ich fand ein paar Rohre, Hölzer und Kübel. Ein klischeehafter Baseballschläger oder eine Pumpgun wären mir angesichts der Umstände lieber gewesen, aber man musste nehmen, was man kriegt. Ich verteilte die Schläger an die Männer und sammelte die verängstigten Frauen im vierten Stock, wo es sicherer war als im Erdgeschoss. Sie trösteten sich gegenseitig und zwei, drei der Frauen wollten mit mir zurück zu den Männern gehen um den Horden draußen die Stirn zu bieten. Es ist schwer, nett, freundlich und hilfsbereit zu sein, wenn Zombies vor der Türe randalieren, also warf ich den anderen Mädels die Rohre aus dem Keller zu und wir gingen wieder in die Lobby. Das Internet war inzwischen so überlastet, dass ich kaum mehr etwas herausfinden konnte. Ich weiß noch, dass ich Nachrichten an alle Freunde verschickte, dass sie sich verteidigen sollten, so gut es geht und ich so bald wie möglich zurück nach Vorarlberg kommen würde. Dann ließ ich den Computer Computer sein und besprach unsere Strategie mit den Gästen. Seltsamerweise sahen sie mich als ihre Anführerin an, eine Rolle, in der ich mich garnicht wohl fühlte.
Ich sah mich um. Im Hotel waren Gäste aus Russland, Deutschland, Schweizer, Italiener, Briten, Amerikaner und natürlich Österreicher. Die Masse war übersichtlich, da ich in einem, wie gesagt, sehr kleinen Hotel arbeitete. Teilweise waren einige schon angetrunken und nicht mehr zu gebrauchen, andere waren hoch motiviert und standen vor der mit Couchen zugemauerten Tür. Es war schwer, eine Kampftruppe daraus zu schustern, aber es wurde von mir erwartet.
„Okay.“ Seltsamerweise reichte es, dass ich vor die Gäste trat, damit sie mir zu hörten. „Da Sie alle denken, dass ich weiß, was zu tun ist, werden wir uns wohl darauf verlassen müssen… Da draußen sind Zombies oder so etwas ähnliches und sie wollen zu uns herein. Und das will wohl keiner von uns. Also. Die Mädels sind im vierten Stock gut untergebracht, nach da nach oben kommen sie nicht so leicht. Wir sind hier die vorderste Front und wenn wir uns diese Dinger da draußen ansehen, sind die offensichtlich nicht sehr schlau, also sollten wir darauf bauen, dass unsere Barrikade hält. Wenn nicht, dann zielen wir auf ihre Schädel. Sollte wer gebissen werden, dann ist er verloren. Diese Daten habe ich aus Filmen, also bin ich nicht sicher ob es stimmt, aber es ist besser, wir gehen auf Nummer sicher, bevor wir Risiken eingehen. Soweit wir bisher wissen, sind wir in akuter Gefahr, also halten wir zusammen!“ Während ich sprach beobachtete ich eine Deutsche, wie sie für die Russen, Italiener, Briten und Amerikaner auf Englisch simultan übersetzte und ich nickte ihr dankbar zu. Mir war klar, dass ich keine großartige Ansprache gehalten hatte, aber es war alles, was ich in der gegenwärtigen Situation zusammenbringen konnte. Die Gäste nickten mir zu und ich atmete zum ersten Mal seit der Begegnung mit dem Polizisten bewusst aus. In meinem Kopf ging alles wild durcheinander und ich nahm mir eine Minute um meine Gedanken zu ordnen. Es nutzte nichts. Ich ging auf die Toilette und war ein wenig überrascht, dass die Wasserversorgung einwandfrei funktionierte. Ich wusch mir das Gesicht mit kaltem Wasser. Ich ignorierte mein verschmiertes Makeup und ging zurück in die Lobby. Dort war in der Bar noch eine unberührte Flasche Whiskey und ich nahm sie aus dem Glasregal. Dann stellte ich mich auf die Marmortreppe, die zur Eingangstür führte und öffnete sie. Ich hörte die rauen Rufe der Zombies vor der Tür und ich sah die kampfbereiten Gesichter der Männer, die davor standen. „Auf das Leben!“ Dann setzte ich die Flasche an, trank einen kleine Schluck und lies sie danach herum gehen. Ich bereute es ein wenig, aber es war das, was meine Kriegertruppe brauchte. Was sonst hätte ich in dieser Situation tun sollen?
Und dann geschah das Unglaubliche. Gegenüber der Eingangstür war die Hoftür bisher komplett unbeachtet geblieben. Der Hof des Hotels teilte sich mit dem Hof eine Wohnhauses und ich hatte den Fehler gemacht, zu denken, dass er sicher war. Das war er nicht. Mein Fehler wurde mit vielen Leben bezahlt. Es war neun Uhr abends und ich rechnete nicht damit, dass der Nachtportier mich ablösen würde. Es war kein Klopfen mehr, sondern die Türe wurde einfach so aufgestoßen. Ohne einen Widerstand kamen sie herein. Offenbar war das Haus auf der anderen Seite des Hofes nicht so gut gesichert und die Untoten kamen durch den Hof in das Hotel. Alles ging so schnell, dass wir nicht reagieren konnten. Es waren nur fünf oder sechs von den Schlurfendend, aber wir reagierten falsch. Während sie sich auf die Gäste stürzen, stand ich nur zitternd mit einer leeren Flasche da. Ich hatte alle Waffen den Männern und Frauen gegeben, die uns verteidigen wollten und mir blieb nur die leere Aperolflasche, die im Eis an der Bar schwamm. Sehend, wie sich Zombies und Gäste schlugen verzog ich mich feige in das Büro meines Chefs, zerdepperte die Flasche auf einem Zombiekopf und sperrte mich dort ein. Während ich die Schreie der Gäste und das Gestöhne der Zombies hörte versuchte ich mich zu konzentrieren. Ich versuchte mich davon zu überzeugen, dass ich nicht aus Egoismus gehandelt hatte, sondern dass es nicht anders gegangen wäre. Ich versuche, es objektiv zu sehen und ich versuche nicht daran zu denken, dass auf der anderen Seite der Türe Leute versuchten zu übereben. Ich wollte nicht einsehen, dass ich sie in den Tod geschickt hatte.
Aber vor allem machte ich mir Sorgen um euren Vater. Und um eure Großeltern. Und um eure Onkel und Tanten, um Onkel DerbesteFreundeuresVaters und um DasSchönstePärchenimLändle und um meine beste Freundin, die viel mehr auf dem Kasten hatte, wie ich dachte…
Gefällt mir Wird geladen …